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| kanzleirat
dworschak und der liebe gott
Ferdinand Dworschak, geb.
1907 in Tulln, empfängt im alter von sieben jahren das sakrament der
erstkommunion. fortan nimmt er, bis zu seinem studienbedingten umzug
nach wien, an jedem gottesdienst als ministrant teil. auch in währing
besucht er regelmäßig die heilige messe in der kirche sankt getrud.
heute, am fronleichnamstag, wird er jedoch dem gotteshaus fernbleiben.
in seiner pfarrgemeinde wird eine rhythmische jugendmesse gefeiert,
und das ist dworschak zu laut, zu schnell und zu wild. er wird stattdessen
in seiner wohnung bleiben und im fernsehen die übertragung des päpstlichen
segens aus rom mitverfolgen. und während er seelig den feierlichkeiten
beiwohnt, will er auch das leibliche wohl nicht zu kurz kommen lassen.
dworschak läßt sich an diesem festtag ein grillhendl kommen, als nachspeis
steht schon eine kardinalschnitte im kühlschrank. fleischspeisen aller
art pflegt der kanzleirat bevorzugt mit frisch geriebenem kren zu verzehren,
eine marotte, die ihm seine frau zu ihren lebzeiten vergeblich abzugewöhnen
suchte. der erste bissen gilt dem besten teil des huhnes, dem bürzel,
oder - wie man in dworschaks heimat heute noch sagt - dem bischof. als
er den mit kren garnierten hinterteil des huhnes genüßlich zerkaut,
fällt es ihm wie schuppen von den augen. zur papstmesse den bischof,
kren und eine kardinalschnitte zu essen, das kann nicht gottes wille
sein. um schleunigst abbitte zu leisten, läßt dworschak das hendl stehen
und sucht in der küche nach einer einfacheren, in ihrer kargheit dem
anlaß würdigen speise. da plötzlich tut sich ihm ein wunder dar. ob
des göttlichen zeichens geläutert, besinnt sich dworschak seiner demut
und beschließt, fortan der messe wieder im gotteshaus beizuwohnen.