maschek.in.ruhe
| witwe
lirsch im park
leopoldine lirsch, geboren
1916 in wien als tochter des bahnhofswärterehepaares alois und hermine
schagerl, wächst in den kargen verhältnissen der zwischenkriegszeit
auf, lernt das zuckerbäckerhandwerk und ehelicht 1936 den konditor hans
lirsch.
bis in die 60er jahre führen sie gemeinsam ein kleines café in wien-margareten,
1984 erleidet hans lirsch einen lethalen herzinfarkt. Seither lebt witwe
lirsch von ihrer bescheidenen pension und hat ihr ganzes herz den gefiederten
freunden geschenkt. tag für tag kauft sie beim nahen und vertrauten
bäcker ein salzstangerl, reinigt es von überschüssigem salz und zerteilt
es in kleine schnabelgerechte häppchen. im park angekommen, muß witwe
lirsch die tauben kaum noch anlocken. die vögel eilen schnell herbei,
als warteten sie täglich auf den besuch der alten dame. leopoldine lirsch
hat denkt mit wehmut an frühere eßgewohnheiten der wiener zurück.
selbst als sie im eigenen cafe süßes kredenzte, schwelgte sie in den
erinnerungen an die zwischenkriegszeit, als noch pikante speisen aus
stadtgeflügel bereitet wurden. doch sie weiß sich zu helfen, heute belohnt
sie sich mit einem gar besonderen festmahl.
gefüllte taube die ausgenommenen Tauben am Rücken einschneiden und auslösen.
Dabei die Keulengelenke so durchschneiden, daß die Keulen dranbleiben.
Zuvor die Flügel beim ersten Glied abschneiden. Die Knochen von innen
ausschaben und das Fleisch nach innen drehen. Dann die Taube mit der
Haut nach unten auf den Tisch legen, die Fülle daumendick aufstreichen,
zur ursprünglichen Form zusammennähen und in eine passende bebutterte
Kastenform setzen. Würzen. bei nicht zu starker Hitze etwa 30-35 Minuten
braten. In der Form etweas abkühlen, in Scheiben schneiden und auf einer
bebutterten Platte anrichten. Fülle: Schweinefleisch und Geflügelleber
sehr fein faschieren (zweimal durch feinste Scheibe der Faschiermaschine
drehen) mit Salz und Pastetengewürz würzen, eiklar und obers hinzufügen.
Zu einer geschmeidigen Masse verarbeiten. Nun Pistazien Pökelzunge und
Speck beigeben. Mit Madeira abschmecken. f.g.Zenker schreibt in seiner
"Kochkunst für herschaftliche und bürgerliche Tafeln" 1824:
Ob man die Tauben schon das ganze Jahr hindurch gebraucht, so sind sie
doch nur zur Zeit der grünen Erbsen am besten, und dann muß man sie
jung und fett wählen. Um diese Zeit dürfen sie, mit Weinlaub und Speck
umwunden, selbst als Braten erscheinen." Noch um 1890 haben die Wiener
jährlich rund 750.000 Tauben verzehrt.