Drehli Robnik über maschek.:
Für maschek ist wichtig, dass man über alles reden kann.
Wenn die drei Herren dazu in mehr oder weniger öffentliche Erscheinung
treten, tun sie das von der maschek-Seite her (wie man in Ostösterreich,
sprich Südböhmen, das Angehen einer Sache über Umwege nennt): auf kapitalschwachen
Wiener Lokal-TV- und Radiosendern, bei unpatriotischen Randgruppenevents
oder dissensfähigen Abenden in Amüsierlokalen mit sagenumwobenen Namen
wie "Flex", "Hobbythek", "Schikaneder",
"rhiz" oder "B72". Was maschek tun, ist nur insofern
Videokunst, Kabarett oder Politsatire, als man das zum Glück nicht merkt.
Sie selbst nennen es "pensionäres Infotainment"; das macht es
gleich viel klarer.
maschek begegnen allem, indem sie drüber reden: live
oder auf Video, in Diskussionsrunden oder durch Nachvertonung von Bildmaterial,
das aus der Gegenwart des staatlichen Privatfernsehens und aus dem informellen
Film- und Foto-Archiv der Flohmärkte und Altwarentandler stammt. So etwa
bei Vorträgen, in denen alte Lichtbilder aus anonymen österreichischen
Privatleben zum Zweck kurzweiliger Belehrung kommentiert werden: Man erfährt
Wissenswertes über einen Wiener, der nach New York auswanderte, dort den
Jazzclub "Reduta Nova" gründete und das Knabbergebäck erfand,
oder über "Unser schönes Kärnten", wie ein maschek-Klassiker
der Heimatwerbung heißt.Drei Tugenden halten die maschek-Welt zusammen:
Bildungsanspruch, Hang zur Fälschung ohne Trennschärfe
zum Ernstgemeinten, Hassliebe zur österreichischen Kultur und Geschichte.
Letztere inspiriert ihre Sammelwut auf www.maschek.org, aber auch die
Kurzfilmreihe "maschek in Ruhe": Altersschwache Publikumslieblinge
(Hofrat Maschek, Kanzleirat Dworschak, die Witwe Lirsch), von denen man
nur zittrige Füße oder Hände sieht, plagen sich beim Rolltreppenfahren,
Taubenfüttern oder Hundstrümmerlwegputzen im heutigen Wien. Dazu entführt
uns die Kommentarstimme in ihre Biografien: KuK-Kindheiten, Beamtenkarrieren,
Liebschaften auf Tanzbällen und im Austrofaschismus, Vergessen der Nazi-Zeit,
Auswendiglernen von Volkshochschulkursnummern in der Straßenbahn. Die
maschek-Diskussionen zu Themen wie "Retro: Schicker Anachronismus
oder postmoderner Kokolores?" rechtfertigen noch am ehesten den notorischen
Vergleich mit Projekt X. Während das breitenwirksamere Trio die absurden
Rollen und Rhetoriken seiner Runden gegen jede Wahrscheinlichkeit durchhält,
sind die "maschek.cirquel" genuine Fakes von Talk-Jargon und
-Habitus: Sie arbeiten der am Sprech-TV geschulten Wahrnehmung so detailliert
zu, dass den Ausführungen von Bela Sathelynagy, Professor für Medikomediatik
an der Universität Szeged, des Soziologen Klausrezzo Klöppke oder des
Studenten Bertram Gaschler, der an der TU Graz das Clubbing "Heidi
und die Starken Männer" veranstaltet, eine oft erstaunliche Plausibilität
anhaftet.
Das
gilt auch fürs "maschek.caraoque", die Königsdisziplin ihrer
Shows, bei der brachiales Drüber-Reden mit grotesk verstellten Stimmen
und unbeirrbarer Lippensynchronität Cut-ups von Fernseh-Highlights im
Sinn hiesiger Leitkultur umdeutet: "Taxi Orange" wird zur FPÖ-Krisensitzung,
die Wahl der Jahrhundert-Sportler zur Verleihung der vier Aufenthaltsgenehmigungen,
die Österreich jährlich an Ausländer verteilt; der ehemalige Formel 1-Pilot
Alain Prost als algerischer Taxifahrer hält eine Dankesrede voll Unterwürfigkeit
und Austrophilie. maschek steigern sich in die aufgezeichnete Alltäglichkeit
hinein, bis der Eventcharakter von Heimat-Identität, Verblödung und
Ressentiment in seiner ganzen Unterhaltsamkeit nach außen tritt.
Die Archäologie der maschek-Seiten aberwitziger Bilder
macht die Spassfraktion der Found-Footage-Avantgarde zum Bildungsflügel
der Retro-Kultur. maschek sind super; sie sind Freunde von mir, und schon
allein die Höflichkeit gebietet, dass wir alle sie zu unseren Freunden
machen.
(erschienen im Katalog der Diagonale, Graz 2001.)
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