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Die Universität - Fun Factory + Culture Club

"Ich bin nicht Dollfuß"

Wenn Sie nicht mehr wissen, wie sexy das Kleinrotkariert eines Trachtenhemds sein kann, dann haben Sie wahrscheinlich das Vaterländische Clubbing versäumt. Der 12. Februar 2001 war das Datum dafür. Im Rahmen von Hot Lotion des Stadtbahnbogenlokals B 72 wurden 67 Jahre "christlich-vaterländische Regierung und Sozialabbau" gefeiert.


Rudy Weissenbacher am 13.02.2001

Als Höhepunkt des Abends gaben Hagestolz & keine Söhne begleitet von Gottes Sohn (Helmut Heiland) Lieder über "FreundInnen" zum Besten: von Elfriede Ott bis zum Medienprofessor, Peter Vitouch. Es trachtelte und dirndelde. Insider müssen wohl gewusst haben, dass ein Trachtenoutfit nicht nur ihren sex appeal positiv verstärken würde. Sie erschienen angemessen gekleidet und wurden dafür mit Vorarlberger Kräuterschnaps hochgeistig belohnt. Auf der Bühne, hinter dem Krukenkreuz ("wiederbetätigungsrechtlich unbedenklich") aber vor den Dokumentarfilmen von Bürgerkrieg und Aufmärschen der Vaterländischen Front 1934, verglichen Drehli Robnik und Peter Hörmanseder - selbst in nationaler Tracht - Zitate von Dollfuß, Schüssel, Waldheim und anderen Österreichern und mischten diese in die Musik der österreichischen Nationalwelle von Peter Alexander bis Chuzpe. Als wiederkehrendes Stakkato erklang Schüssels "Ich bin nicht Dollfuß", gegeben im März 2000 vor dem Österreichischen Bauernbund. Dahinter im Film: 12. Februar 1934: Schüsse auf den Gemeindebau. Abwechselnd mit Reden von Engelbert Dollfuß. Ebenso wiederkehrend: "Ich hab' nur meine Pflicht getan." Nach einigen anderen österreichischen Größen aus der Konserve schließlich live der Höhepunkt des Abends: Lieder von berühmten, aber nicht mehr taufrischen ÖsterreicherInnen. Hagestolz & keine Söhne, musikalisch-technisch unterstützt vom Heiland, nahmen in ihrem wienerischen Raunzgesang "FreundInnen" aufs Korn: Als "Votava und Grissemann" (die Älteren) beklagten sie den unbegründeten Beliebtheitsvorsprung ihrer jüngeren Pendants, das Publikum erfuhr von der Lebensgeschichte Elfriede Otts, ebenso wie vom Umstand, dass die Kolumne von Professor Thomas Maurer (Kabarett) im Kurier lustiger sei, als jene von Professor Peter Vitouch (Kommunikationswissenschaft). Eindeutiger Höhepunkt war die Ode an Bruno Kreisky. "Du woast mei erster Kanzler, des vergiss i nie ...", verknüpft mit dem Wunsch der Wiederbegegnung: "... mogsd net obakumman auf an schnön Kaffee ... weil da Kanzler, den ma jedz hom, is a Weh." Obschon ursprünglich für Viktor Klima geschrieben, schien das trachtengewandete Publikum Analogien zur Gegenwart herzustellen.

Hagestolz & keine Söhne: http://hagestolz.maschek.org/
B72: http://www.b72.at/


 

 


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